Dienstag, 30. November 1976

Joseph Losey


Joseph Losey

Einige biographische Anmerkungen aus Anlass der Aufführung mehrerer Losey-Filme im Fernsehen

Der 1909 in den USA geborene Losey wurde bereits in den 30er Jahren durch seine experimentellen Bühneninszenierungen bekannt, nachdem er vorher kurze Zeit als Theaterkritiker gearbeitet hatte. Ab 1938 war er Produzent und gelegentlich Regisseur zahlreicher Dokumentar- und Lehrfilme, die durch die Rockefeller Foundation finanziert wuden. Während des Krieges machte er, wie so viele Künstler, „Fronttheater“ für die US-Army und arbeitete beim Rundfunk. 1947 inszenierte er dann Brechts „Leben des Galilei" in Hollywood und New York. Erst 1948, mit 39 Jahren, konnte er seinen ersten Spielfilm herstellen: „Der Junge mit den grünen Haaren", ein engagierter Film mit demokratischer und antirassistischer Aussage. Nach einigen weiteren Spielfilmen stellte er 1950/51 ein Remake von Fritz Langs „M“ her – mit dem gleichen Titel –, das aber überaus enttäuschend war.

Losey, der an sich selbst den Anspruch stellt, „Filme mit sozialkritischem Engagement“ zu machen, geriet während der McCarthy-Ära als sogenannter „linker“" Künstler auf die berüchtigte „Schwarze Liste“ Hollywoods. Obwohl er seinen eigenen Anspruch immer nur in Ansätzen einlöste, wurde er von Hollywoods Filmgesellschaften vollkommen boykottiert. Daher emigrierte er nach Italien, wo er 1952 unter einem Pseudonym einen Spielfilm drehte. Ein Jahr später ließ er sich in England nieder; dort inszenierte er zwei Theaterstücke und machte – zuerst wieder unter einem Pseudonym – einige raffinierte Kriminalfilme, deren Erfolg es ihm später gestattete, auch anspruchsvollere Projekte zu realisieren. Seit 1956 konnte er regelmäßig jedes Jahr einen Film fertigstellen. Dazu gehören unter anderem: „Blind Date“ (1959, Hauptrolle: Hardy Krüger), „Eve“ (1962, mit Jeanne Moreau) und „The Servant“ (1963, Drehbuch: Harold Pinter, der auch eine Nebenrolle spielt), ferner „King & Country“ (1964), „Modesty Blaise“ (1965, mit Monica Vitti), die Tennessee-Williams-Verfilmung „Boom“ (1967, mit Elizabeth Taylor und Richard Burton) und „Secret Ceremony“ (1968, ebenfalls mit E. Taylor neben Robert Mitchum und Mia Farrow). Erst 1969 kehrte er mit „Figures in a Landscape“ nach Hollywood zurück. Seine späteren Filme sind europäische Coproduktionen.

Die mit Liebe zum Detail und mit großer Stilsicherheit inszenierten Filme deuten in der Regel keinerlei Lösung der angerissenen Probleme an. So aber erzeugt die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Konflikten bloße Resignation, bestenfalls eine Stabilisierung bestehender Verhältnisse. (vgl. „Filmbeobachter“ 3/76)

Paul Werner    

Filmbeobachter 5 vom 1.12.1976 (München)